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Sex in der Nische?!

Mit etwas Glück und Eurer Hilfe bekommt guter Sex morgen in Berlin einen Preis verliehen. Bei den Goldenen Bloggern ist Lvstprinzip von Theresa Lachner in der Kategorie „Nischenbloggerin des Jahres“ nominiert. Endlich! möchte man ausrufen. Und gleichzeitig leise weinen, weil Sex bei diesem Preis auch im 12. Jahr allenfalls in der Nische stattfinden soll. Ausgerechnet bei diesem Preis, der ja verrückt genug ist, dass sogar ich ihn einst gewonnen habe.

Aufbruch seit 2015

Ich bin Theresa zum ersten Mal auf der re:publica 2015 begegnet. Ich kann mich noch genau erinnern, wie diese große Frau mit dem wachen Blick rechts von mir neben der Bühne kauern musste, weil der Raum unerwartet voll war. Unerwartet von mir. Wer rechnet denn damit, dass Menschen sich für Porn interessieren? Der Vortrag von Jenny und mir lief okay, die Fragerunde erwartbar verdruckst und zäh. Bis ganz zum Schluss Theresa das Wort ergriff und sofort Aufbruchstimmung in der Luft lag. Sie hatte gerade Lvstprinzip gestartet und steckte voller körperlich spürbarer Energie.

Leider haben die Macherinnen der Goldenen Blogger mit ihrer Kategorie „Nische“ ja nicht ganz unrecht. Sex findet in Deutschland nach wie vor in der Nische statt. Zwar bestimmt nackte Haut die öffentlich Ästhetik mehr denn je, Männer- und Frauenzeitschriften sind voller – und nicht immer schlechter – Betriebsanleitungen und die Nachfrage nach Porn ist ungebrochen. Oft wird gar Übersexualisierung diagnostiziert. Aber um Sex geht es im Kern selten. Schon gar nicht um den eigenen. Sprachlosigkeit beherrscht uns. Und zwar auf allen Ebenen. Selbst Paaren und guten Freundinnen gelingt es oft kaum, in einen unverkrampften Dialog zu treten.

Dröhnendes Schweigen

Theresa bricht mit Lvstprinzip das dröhnende Schweigen. Ihre eigene Kurzbiographie beginnt sie mit unbefangen mit dem Satz „Hallo ich bin Theresa und ich mag Sex.“ Ein Satz, der erst dadurch explosive Bedeutung bekommt, dass Theresa tatsächlich Theresa heißt. Und das Foto auf der Seite die ganze echte Theresa zeigt.

„Mein richtiger Name und mein Foto stehen mit voller Absicht hier im Internet. Weil ich Sex so normal finde, dass ich der Meinung bin, dass wir im Jahr 2017 auch mal normal drüber reden können sollten.“

Nachahmerinnen gibt es nach wie vor wenige. Die meisten Sexblogs entstehen als Content Projekte im Umfeld von „Spielzeug für Erwachsene“ und Datingportalen. Zumindest bleiben die Autorinnen aber anonym. Und Männer gibt es quasi keine. Das heißt nicht, dass diese Blogs schlecht wären. Aber sie leisten eben nicht das, was Theresa mit Lvstprinzip erreichen kann: Das Gespräch mitten in die Gesellschaft zu echten Menschen zu tragen.

This year we take Manhattan…

Im Vorfeld der letztjährigen Verleihung der Goldenen Blogger war es mir gelungen, die Kategorie „Bestes Sexblog“ kurzfristig in die Köpfe von Thomas und Daniel zu schummeln. Sie ist dann leider pragmatischen Überlegungen und meiner mangelnden Hartnäckigkeit zum Opfer gefallen. Für morgen wünsche ich mir daher sehr, dass Theresa einen Goldenen Blogger mit nach Hause nehmen kann. Und im nächsten Jahr präsentiert sie dann bitte endlich die eigene Kategorie „Bestes Sexblog“.

Foto: Marco Christian Krenn, Illustration: Ute Hamelmann, Arrangement: selbst