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Stellt Euch vor ihr sitzt an einem sonnigen Sonntag Nachmittag um kurz nach zwei mit Eurer Oma bei einer Tasse Kaffee zusammen. Im öffentlich-rechtlichen Kulturradio beginnt nach den Nachrichten das Feature. Über jazzige Lounge-Musik spricht eine sanfte weibliche Stimme diesen beeindruckenden ersten Satz:

„Ich organisiere seit drei Jahren Fisting-Workshops.“

Gibt es nicht? Doch gibt es.

Übrigens ein Grund, warum ich so gerne Rundfunkgebühren zahle. Neben sehr viel schlechtem Fernsehen und langweiligem Mainstream-Radio entstehen immer wieder wunderbare Hörstücke.

Eben auch dieses Radio-Feature von Mithu Sanyal: Gute Liebhaber werden keine Attentäter – Willkommen im Bootcamp Sexueller Aktivismus. Im Rahmen eines auf 55 Minuten gestrafften Wochenendseminars streift die Autorin mit ihren Hörern durch den Dschungel des neuen sexuellen Aktivismus.

Für mich dabei die mit Abstand wichtigste Leistung: Schamlose Aufklärungsarbeit. Natürlich auch darüber, dass Fisting sehr wenig mit Gewalt und viel mit tiefer Vereinigung zu tun hat. Vor allem aber darüber, was alles so schief läuft, wenn mittelalte weiße Männer die Rahmenbedingung für Sexualität bestimmen. Bzw. darüber, wie es besser laufen könnte.

Nach dem furiosen Ritt durch die Sendung hat man am Ende etwas über Sexecologie, interessante Facetten der Sexarbeit, die Neuauflage der Sex Wars und deren unsäglichen Ausfluss im Prostituiertenschutzgesetz, ein wenig über SM und DS und über Radical Consent erfahren. Zu wenig um mitreden zu können, aber genug um sich neugierig auf den Weg zu machen.

Ganz nebenbei lernt man so wunderbare Frauen wie Annie Sprinkle, die Bondage-Künstlerin Kristina Marlen oder die Spanking-Queen Helena May und natürlich die Autorin Mithu Sanyal kennen.

Ich habe viel gelernt, viel gelacht und große Lust auf noch mehr Neues bekommen.

Bildquelle: www.stephan-roehl.de, via FlickrCC BY-SA 2.0